Ich sag's!

Auf dieser Seite geben wir Ihnen einen Überblick darüber, was es bedeutet auf der Arbeit von Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung (chronische körperliche oder psychische Erkrankung oder Behinderung) zu erzählen und welche Konsequenzen sich möglicherweise ergeben können.

Foto: Cottonbro / Pexels

Die Entscheidung auf der Arbeit offen über seine gesundheitliche Beeinträchtigung zu sprechen ist ein großer Schritt.

Es ist schwer, abzuschätzen welche Folgen diese Offenheit haben kann und ob die Reaktionen positiv oder negativ ausfallen. Unser Selbst-Test soll Ihnen dabei helfen, mehr Klarheit über mögliche Folgen zu bekommen und Sie so bei Ihrer Entscheidung unterstützen.

Wem sag ich’s und was sag ich?

Bei Ihrer Entscheidung müssen Sie nicht das eine oder das andere Extrem wählen. Zwischen den beiden Optionen, jedem auf der Arbeit alles über Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung zu erzählen und niemandem irgendetwas zu erzählen, gibt es viele Zwischenstufen.

Sie könnten zum Beispiel zunächst nur mit Ihren Vorgesetzten sprechen oder nur mit einer Vertrauensperson aus dem Kollegenkreis. Natürlich können Sie außerdem selbst bestimmen, wie viel und was genau Sie preisgeben möchten. Möchten Sie bestimmte Auswirkungen oder Symptome Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung erwähnen oder vielleicht nur die Diagnose?

Die Offenlegung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung geschieht häufig nicht in einem einzigen großen Moment, sondern verläuft eher wie ein Prozess. Möglicherweise fängt man bei einer Person an und entschließt sich erst später dazu, es noch weiteren Personen mitzuteilen.

Bei der Suche nach dem Weg, der für Sie persönlich am besten passt, kommt es ganz darauf an, was Sie mit Ihrer Entscheidung für sich erreichen möchten.

Mögliche positive Auswirkungen

So unterschiedlich wie gesundheitliche Beeinträchtigungen selbst sind, so verschieden sind auch die Dinge, die man braucht, um gut arbeiten zu können. Häufig können schon kleine Änderungen am Arbeitsplatz, Arbeitsablauf oder der Arbeitszeit einen großen Unterschied machen.

In manchen Fällen haben Sie sogar ein Recht darauf. Wenn Sie eine anerkannte Schwerbehinderung haben, stehen Ihnen beispielsweise mehr Urlaubstage zu und es gilt ein besonderer Kündigungsschutz für Sie (weitere Informationen dazu finden Sie auf der Seite Ansprüche und Rechte).

Meist ist es nur möglich solche Anpassungen zu beantragen, wenn man dem Arbeitgeber zumindest Teilaspekte seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung offenlegt.

 

Wenn andere auf der Arbeit über Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung Bescheid wissen, kann es für Sie auch einfacher werden, dort auf Ihre Bedürfnisse zu achten.

Wenn Sie beispielsweise Medikamente einnehmen müssen, brauchen Sie dies nicht mehr heimlich zu tun oder sogar ausfallen zu lassen, weil Sie gerade keine Möglichkeit haben, sie unbemerkt einzunehmen.

Sollten Sie zusätzliche Pausen benötigen, können Sie dies nach Absprache mit Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten in den Arbeitsalltag einbauen.

Auch wenn Sie merken, dass sich Symptome verstärken oder es Ihnen schlechter geht, fällt es Ihnen wahrscheinlich leichter, darauf zu reagieren, wenn Ihr Umfeld über Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung Bescheid weiß.

Das Verheimlichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung raubt Energie, kann Stress auslösen und dadurch auch ungesund sein.

Wenn man nicht möchte, dass andere von der eigenen gesundheitlichen Beeinträchtigung erfahren, muss man ständig aufpassen, dass man nicht aus Versehen etwas preisgibt oder sich Ausreden für die unterschiedlichsten Dinge einfallen lassen.

Vielleicht können Sie durch Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung nicht an sozialen Aktivitäten mit Ihren Kolleginnen und Kollegen teilnehmen und müssen dann Erklärungen dafür finden, die nichts mit Ihrer Beeinträchtigung zu tun haben. Wenn Symptome auftreten müssen Sie versuchen diese zu verstecken.

Für viele ist es auch eine große Belastung, dass sie nicht sie selbst sein können. Wenn diese Belastung wegfällt, kann man die dadurch freigewordene Zeit und Kraft wieder in seine eigentliche Arbeit und die sozialen Beziehungen mit Kolleginnen und Kollegen einfließen lassen.

Häufig steigen so die eigene Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit auf der Arbeit. Man fühlt sich wohler und kann sich wieder auf seinen Job konzentrieren.

Wenn Sie anderen von Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung erzählen, können Sie auf Unterstützung hoffen.

Vielleicht ist Ihren Kollegen oder Vorgesetzten schon aufgefallen, dass etwas nicht stimmt und sie haben sich ihre eigenen (wahrscheinlich falschen und eventuell Ihnen gegenüber ungünstigen) Erklärungen gesucht. Wenn sie jedoch den wahren Grund erfahren, haben sie möglicherweise Verständnis für Ihre Situation.

Es ist eine Erleichterung, mit anderen darüber sprechen zu können, wenn es einem nicht gut geht. Außerdem haben Kolleginnen und Kollegen vielleicht selber Erfahrungen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen gemacht und Sie können von ihren Erfahrungen lernen.

Das Thema „Arbeiten mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ fühlt sich auch deshalb manchmal wie ein Tabuthema an, weil kaum jemand darüber spricht.

Durch den eigenen offenen Umgang mit Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung können Sie das Thema nach außen tragen. Vielleicht fühlen sich andere dadurch motiviert, selbst einen offenen Umgang mit ihrer Beeinträchtigung zu suchen.

Sie können dazu beitragen, dass Ihren Vorgesetzten, Ihren Kollegen und Kolleginnen bewusst wird, dass Menschen mit chronischen Beeinträchtigungen im Berufsleben keine Seltenheit sind. Und dass sie mit den passenden Arbeitsbedingungen ihre Arbeit genauso gut machen können wie andere.

Kurz gesagt: Sie können dazu beitragen, dass sich die Kultur bei Ihnen auf der Arbeit und auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen langsam aber sicher verändern. Und so die Frage nach der Offenlegung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Zukunft für andere leichter positiv zu beantworten ist.

Mögliche negative Auswirkungen

Eine der größten Befürchtungen bei der Offenlegung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ist Diskriminierung durch andere. Diskriminierung bedeutet, dass man wegen eines Merkmals – in diesem Fall einer gesundheitlichen Beeinträchtigung – anders behandelt oder als Person abgewertet wird.

Es gibt leider immer noch viele Vorurteile gegenüber Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Deshalb ist es nicht auszuschließen, dass man diskriminiert wird, wenn man eine gesundheitliche Beeinträchtigung offenlegt. Die Diskriminierung kann dabei ganz unterschiedliche Formen annehmen.

Doch auch wenn Sie Diskriminierung nicht vollständig verhindern können, können Sie sich vorbereiten, indem Sie sich schon vorher überlegen, wie Sie mit bestimmten Reaktionen anderer umgehen.

Es kann zum Beispiel passieren, dass andere nicht mit dem Verständnis reagieren, das Sie sich erhofft haben. Betroffene berichten häufig davon, dass sie auf der Arbeit anders behandelt wurden, nachdem sie von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung erzählt hatten. Vielleicht wissen Kolleginnen und Kollegen nicht, wie sie mit der Information umgehen sollen und distanzieren sich.

Es kann auch vorkommen, dass mit Unverständnis auf Arbeitsplatzanpassungen reagiert wird oder andere die gesundheitliche Beeinträchtigung nicht ernst nehmen.

Meistens kommen diese Verhaltensweisen durch Vorurteile oder fehlendes Wissen über bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigungen zu Stande. Sie können dann versuchen, diese Vorurteile durch Informationen über Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung zu entkräften.

Zwar verbietet das Gesetz eine Benachteiligung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen – in der Realität gibt es diese Benachteiligung jedoch immer noch.

So kann es passieren, dass Arbeitgeber oder Vorgesetzte gesundheitlich beeinträchtigten Beschäftigten weniger zutrauen, ihnen schlechtere Arbeitsaufgaben zuteilen oder sogar Karriere-Schritte verweigern. Sie sollten sich daher vorher gut über Ihre Rechte informieren (auf der Seite Ihre Rechte gibt es einen ersten Überblick) und im Fall von Diskriminierung rechtliche Beratung suchen.

 

Wie sag ich’s?

Weitere Entscheidungsfreiheiten haben Sie außerdem in der Gestaltung der Gesprächssituation. Einen Leitfaden dazu, wie man sich gut auf schwierige Gespräche vorbereitet finden Sie auf der Seite Schwierige Gespräche führen. Eine gute Vorbereitung kann dazu beitragen, dass das Gespräch sich so entwickelt, wie Sie es sich vorstellen.

Unterstützung bei der Entscheidung und bei der konkreten Vorbereitung auf ein Gespräch können Ihnen ein Austausch mit anderen oder auch eine Beratung bieten. Informationen zu Unterstützungs- und Beratungsangeboten finden Sie auf der Seite Weiterführende Informationen, Beratung und Unterstützung.

Gut zu wissen

Weiterempfehlen

Diese Seite weiterempfehlen


Gefördert durch

Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichsfonds
Gefördert durch abbvie

Ein Projekt von

Universität zu Köln